Löchrige Heimat - Kohleausstieg - Heimat im Wandel

Noch haben wir keinen zweiten Planeten, also sollten wir auf diesen hier die Natur und Umwelt nicht aus den Augen verlieren.


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Madekozu
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Löchrige Heimat - Kohleausstieg - Heimat im Wandel

Beitrag von Madekozu »

Wie einige wissen, bin ich ja in einem Bergbaugebiet zuhause. Ein paar Autominuten von hier klaffen tiefe Wunden in der Landschaft. Die Region lebt(e) seit Jahrhunderten von der Braunkohle, war diese doch einst der wichtigste Rohstoff, den es in meinem Geburtsland gab.

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In der Nähe meines Heimatortes gab es einige Kohlekraftwerke und Brikettfabriken. Ein paar davon existieren auch heute noch und stehen vor Herausforderungen. Der Kohleausstieg ist wichtig, aber für diese Region hier auch eine ganz schöne Herausforderung. Viele bangen um ihre Arbeitsstelle, noch mehr haben diese bereits verloren.

Mit der Kohle wurde aber nicht nur die Bude warm gemacht. Einige Kilometer nördlich befindet sich die Chemieregion Leuna, Buna usw. Der Gestank und der Dreck dort waren unerträglich. Umweltschutz? Fehlanzeige, diesen gab es so gut wie gar nicht.

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Als ich diese Region Anfang der 2000er verlassen und in die Nähe von Stuttgart gezogen bin, war dies auch eine Folge davon. In den 90ern haben viele Elektriker ihren Job verloren. Kleine Firmen schossen wie Pilze aus dem Boden und mussten kurze Zeit später wieder schließen, weil sich alle um eine handvoll Kunden prügeln mussten. Auch die Elektrofirma meines Vaters war dabei. Diese musste geschlossen werden, als unser Landkreis in die Zwangsverwaltung gekommen ist. Der Landkreis war pleite und mein Vater (und ich) haben vor allen Schulen und kleinere Gemeinden betreut. Private Kunden gab es kaum. Das wars. Nach 2 Jahren Arbeitslosigkeit ging es auf Montage und kurz darauf blieb ich bis letztes Jahr in Stuttgart.

Ich bin gespannt, wie es in der Region zukünftig aussehen wird. Arbeit für Elektriker gibt es zum Glück wieder genug und ich denke mal, ich werde die Zeit bis zur Rente noch gut überbrücken können.

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Madekozu
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Re: Löchrige Heimat

Beitrag von Madekozu »

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Es ist so eine Mischung aus Faszination und Wut, das kann ich kaum beschreiben. Klar - ich bin ein "Technikfan" und die Giganten der Kohle sind schon eine Hausnummer. Auch den Leuten, die auf diesen Giganten oder um sie herum arbeiten, kann man den Stolz ansehen.

Auf der anderen Seite aber reißen sie tiefe Wunden in die Natur. Am Ende bleibt ein See und viele nicht bebaubare Flächen, die sich die Natur gern zurückholt. Am Ende entsteht daraus vor allem Wärme und Strom, Wärme in den Häusern und auf dem Planeten. Kann das richtig sein? Natürlich nicht, daher ist das Ende ja auch "schon" besiegelt. Für die direkt Betroffenen, also jenen, die ihr täglich Brot im Tagebau und dem, was dazu gehört, verdient haben, ist das natürlich sehr hart. Aber die Wunden müssen auch wieder versorgt werden. Es wird irgendwie schon weitergehen (müssen). Vielleicht hilft es, wenn man sich das Ruhrgebiet heute ansieht. Auch da gab es gewaltige Umbrüche, aber es war eben nicht das Ende.

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Madekozu
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Re: Löchrige Heimat

Beitrag von Madekozu »

Hier in der Nähe ist der "Mondsee", ein Tagebaurestloch. Wollen wir da mal reinschauen?

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Aus diesen riesigen Narben in der Landschaft entsteht also auch wieder etwas. Der Mondsee hier ist ein Badesee, ein Ort der Erholung und für diverse Aktivitäten wie Konzerte, Festivals usw.

Man gibt dieses Land also der Natur zurück, eine Fläche, die nicht großartig bebaut werden kann, da immer mal wieder der Boden zusammenrutschen könnte. Das ist übrigens auch am Mondsee schon geschehen. Die Natur wird mit dieser Fläche etwas anzufangen wissen. Aber - es ist eben nicht mehr das, was es vorher war. Ein dichter Wald der gerodet wurde, wird es dort so in der Form vermutlich nicht wieder geben.

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Madekozu
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Re: Löchrige Heimat - Kohleausstieg - Heimat im Wandel

Beitrag von Madekozu »

Das Fernwärmenetz

Hohenmölsen und auch viele Orte in der Umgebung werden durch ein Fernwärmenetz versorgt. Die Wärme kommt aus dem 1994 in Betrieb genommenen Industriekraftwerk Wählitz, welches mit Braunkohle befeuert wurde und wird.
Das Kraftwerk wird aktuell umgestellt. Holz- und Tiermehl sollen nach und nach die Braunkohle ersetzen. Solang das Holz nicht extra dafür geschlagen wird und auch sonst keine Anwendung findet, kann ich gut damit leben. Tiermehl, da hab ich als Veganer natürlich mehr dran zu knabbern. Immerhin lebe ich ein Leben, was diesen Brennstoff vermeiden soll. Gut kann ich das also nicht finden und auf Dauer wird dieser Brennstoff hoffentlich auch knapp. Aber weiter unten gibt es ja noch andere Möglichkeiten. Der erzeugte Strom wird vor allem für den Betrieb des Tagebaus und dem angeschlossenen Bahnnetz verwendet. Die Abwärme speist die Fernwärme ein.

Im Bereich des jetzigen Tagebaus (Profen) soll ein Industrie- und Energiepark entstehen. Aus (überschüssiger?) erneuerbarer Energie sollen hier Wärmespeicher betrieben und grüner Wasserstoff erzeugt werden. Unser Bürgermeister Andy Haugk dazu:

"Das heißt, Wasserstoffproduktion, Methanol und ähnliche Ausgangsstoffe und diese Prozesse sind alle wärmeintensiv. Das heißt, bei diesen Prozessen fällt Wärme an und der Plan ist es, eine neue Fernwärmeleitung nach Profen zu bauen, um diese Wärme dort abzuholen und in das Netz einzuspeisen. Das wird also ein Blumenstrauß an Energieherkunft sein."

Quelle: https://www.mdr.de/nachrichten/deutschl ... en100.html

Jetzt kommen wir langsam in die Welt, die ich als Zukunft sehe. Wind und Sonne liefern gratis, wir müssen "nur" ernten und sinnvoll verwenden. Da wo jetzt der Tagebau ist, kann man auch alles mit Wind und Solaranlagen vollpflastern - hässlicher als jetzt kann es ja nicht werden. Der Natur sollte man aber auch noch Platz lassen. Da können die Experten ja tüfteln. So könnte man aber im Sommer Brennstoff für Wählitz mittels erneuerbarer Energien erzeugen, mit der Abwärme für Warmwasser im Fernwärmenetz sorgen. Falls das nicht ausreichen sollte, könnte man ja auch noch die Wärmespeicher mit aufheizen. Wählitz könnte dann "mithelfen", wenn die Wärme aus dem Energiepark nicht ausreichen sollte. Das alles ist jetzt natürlich nur ein "Blitzgedanke" von mir, ohne irgendwelche Werte zu kennen. Aber so in etwa sollte man das wohl aufbauen. Eigentlich nicht nur hier, sondern überall. Energie möglichst da verbrauchen oder speichern/veredeln, wo sie erzeugt wird.

Das kostet natürlich alles verdammt viel Geld. Viele hier im Ort schimpfen, wie teuer die Fernwärme ist und wie stark die Preise angezogen haben. Wenn ich da auf die letzen 24 Jahre zurückblicke, die ich in Stuttgart an der Gasleitung war .... glaubt mir, so stark sind die Preise hier gar nicht gestiegen. Aber zurück zu den Kosten. Es gibt natürlich auch Gelder für die "Grüne Fernwärme Hohenmölsen".

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Übrigens ist die "Transformation" auch für Immobilienbesitzer interessant. Da die Fernwärme ja bisher auf Braunkohle basierte, schlug die negative Umweltbilanz auch auf die Immobilien nieder. Das Heizen mit Fernwärme war einfach "zu dreckig um gefördert zu werden". Das sollte dann aber Geschichte sein.

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Re: Löchrige Heimat - Kohleausstieg - Heimat im Wandel

Beitrag von Madekozu »

Das ist zwar nicht dieses Revier hier, aber das gleiche Schicksal teilten viele hier. Bewohner wurden umgesiedelt, Dörfer abgerissen. In vielen der Dörfer war ich in meiner Jugend unterwegs. Da waren Freunde, Treffpunkte und heute nur noch Erinnerungen.

Besonders hart muss es aber für diejenigen gewesen sein, die seit Generationen mit ihren Familien in den Häusern der Dörfer wohnten.

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Re: Löchrige Heimat - Kohleausstieg - Heimat im Wandel

Beitrag von Madekozu »

Wie weiter oben erwähnt - Braunkohle war im Osten der wichtigste Rohstoff. Sie diente nicht nur als Brennstoff.
Aber vorher, muss sie erst einmal aus der Erde raus - gnadenlos.

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Re: Löchrige Heimat - Kohleausstieg - Heimat im Wandel

Beitrag von Madekozu »

Der Tagebau Zwenkau war hier ganz in der Nähe. Wie auch in "unseren" Tagebau Profen gab es dort eine 900mm-Schmalspurstrecke um welche es in dieser Dokumentation geht.

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