Donnerstag, 8. August 2024

Mitte 40 und es grüßt der graue Star

Manchmal geht es einfach schneller als man denkt. Den grauen Star kennt man und theoretisch trifft es jeden irgendwann. Man muss nur alt genug werden.
Es kann aber durchaus sein, dass der graue Star einen auch schon vorher trifft. Das kann viele Gründe haben. Rauchen, Hautkrankheiten und weiß der Geier (oder Star?) was noch.

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Das Heimtückische ist, dass das Ganze schleichend kommt und man es erst gar nicht so wirklich mitbekommt. Die Farben verändern sich, man sieht allgemein schlechter. Ich hocke sehr viel vorm Bildschirm und hab es darauf geschoben. Probleme mit den Augen hab ich eh schon seit der Geburt, also war es für mich eigentlich nicht verwunderlich, dass es langsam schlechter wird.

Dann ging es vor einigen Jahren aber auf einmal richtig schnell. Gefühlt von heute auf morgen hab ich beim Autofahren auf einmal die Bordsteinkanten nicht mehr erkannt, selbst bei Ampeln wusste ich aus größerer Entfernung gar nicht, was die anzeigt. Ganz schlimm waren Fahrten im Dunkeln, da hab ich gar nichts mehr gesehen

Ich bin ein Mensch, den man zum Arzt tragen muss. Ich gehe erst sehr spät, meist zu spät hin. Nach einer kurzen Untersuchung stand fest, der Micha hat nen Durchblick wie ein Maulwurf. Rechtes Auge war noch mit ca 15% dabei, das linke hat es noch etwas besser hinbekommen. Aber Auto fahren oder Arbeiten - nee, das war erstmal nicht mehr drin.

Nach einer weiteren Untersuchung stand schnell der erste OP-Termin fest und ehrlich - ich hatte schon ein bissel Bammel. Allein der Gedanke, dass da irgendwer gleich im Auge rumfummelt und ich das auch noch alles mitbekomme - Leute, das war erstmal kein schöner Gedanke.

Aber was solls, ich brauch Ersatzteile und steh in der Werkstatt (erste OP am 15.07.2019). Los gehts. Schon einige Zeit vorher hab ich begonnen, das Auge mit Tropfen zuzuschütten. Augentropfen mag ich ja mal gar nicht. Bei meinen Minipupillen hat das aber ziemlich gedauert, bis die genug geweitet waren und der Dok mit den Meißeln anfangen konnte. Ja, mit dem Meißeln. Zuvor bekommt man aber ne lokale Betäubung und irgendwelche Beruhigungsmittel, danach ist einem aber auch wirklich alles egal.

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Der Dok hat also angefangen mit Meißeln und so ein bissel hat sich das angefühlt wie beim Tätowieren. Die alte Linse wird zertrümmert und das sieht so ein bissel aus, als würde man in ein Kaleidoskop schauen. Schön bunt, interessante Muster, alles verläuft irgendwie und dann wird es auf einmal furchtbar hell. Das wird wohl der Moment sein, wo alles raus ist und die OP-Leuchte direkt ins Gehirn ballert.

Nun kommt die neue Linse. Die ist zusammengerollt, wird in das Auge geführt und rollt sich dann auf. Das Gefühl danach, das erste Mal wieder (gefühlt) richtig zu sehen, ist unbeschreiblich. Ich hab auch mal kurz den Dok gesehen und er sagte zu mir, “nicht erschrecken, gleich wird es dunkel”. War auch so. Der Dok hat die OP-Lampe ausgeknipst und es war Nacht. Hat ne Weile gedauert, bis ich wieder was sehen konnte. Dann noch eine Weile (weiß gar nicht mehr wie lange das war) warten und mit einer Begleitperson und “nem durchsichtigen Joghurtbecher” auf dem Auge ging es wieder nach Hause. Und ehrlich, ich habe den Weg zum Bus und nach Hause genossen - so viel hab ich schon lange nicht mehr gesehen.

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Echtma! Ab zum Augenarzt, wenn ihr merkt, dass da was schlechter wird und wenn es ein grauer Star sein sollte, ruhig bleiben, die Katarakt-OP ist nicht wild. Hier ein Video einer OP, allerdings nur anschauen, wenn ihr nicht beim Anblick einer OP umfallt. Mein anderes Auge musste dann allerdings noch etwas warten, mein Dok hatte Urlaub und so bin ich 2 Monate mit 1,3 Augen rumgelaufen (zweite OP am 04.09.2019). Die Folge waren tierische Kopfschmerzen. Immerhin hatte ich vorher eine Brille mit Gläsern so dick wie Aschenbecher. Jetzt hätte ich ein Glas rausnehmen müssen, was mir aber zu doof war. Na ja - das andere Auge sollte dann ja auch folgen.
Hier gab es aber ein kleines, nicht unlösbares Problem. Mitten bei der OP meinte der Dok auf einmal “Oh, oh”, da rutscht einem das Herz in die Hose, das war während er die alte Linse rausgemeißelt hat, also eher ein ungünstiger Zeitpunkt für ein “Oh, oh”. Er hatte festgestellt, dass da in “der Wanne” oder so (hab leider die genaue Bezeichnung vergessen) ein Stück fehlte. Könnten die Nachwirkungen von ein paar Springerstiefeln gewesen sein, die ich in meine Jugend ab und zu mal im Gesicht hatte, vielleicht war es aber auch die Schaukel die mir als Kind mal etwas näher kam. Da hat der Dok dann ne Art “Sprengring” über die Linse gehauen und das wars. Also ein “Oh, oh” war da schon ziemlich böser Humor, aber danach konnte auch ich drüber lachen.
Also - wenn die Augen schlechter werden - ab zum Arzt mit euch. Da habt ihr beide was davon. Die Kosten hat die Krankenkasse komplett übernommen und entgegen aller “Vorhersagen” komme ich heute gut ohne Brille aus. Nur bei ganz kleinen Kram entstaube ich meine gute alte Lesebrille mal, die ich für ein paar Euro beim Discounter geschossen hab. Am Bildschirm werden meine Augen allerdings schneller als früher müde. Nach ein paar Stunden wird es dann doch langsam unangenehm und ich muss die Augen ziemlich zusammenkneifen. Aber nach ein paar Stunden sollte man ja eh mal ne Pause machen. Hab ich früher nie, heute bekomme ich von meinen Augen eine Erinnerung. Das muss ein neues Feature sein.

Also, keine Angst vor der OP, mit dem Ellenbogen anstoßen ist schlimmer!