Analyse der offiziellen Definition der Vegan Society
Es gibt eine eindeutige und offizielle Definition, was man unter Veganismus versteht. Das Problem dabei ist, dass sehr viele Menschen diese Definition falsch verstehen. Aber schauen wir uns die Definition doch einfach mal an.
“Veganism is a philosophy and way of living which seeks to exclude—as far as is possible and practicable—all forms of exploitation of, and cruelty to, animals for food, clothing or any other purpose; and by extension, promotes the development and use of animal-free alternatives for the benefit of animals, humans and the environment. In dietary terms it denotes the practice of dispensing with all products derived wholly or partly from animals.”
“Veganismus ist eine Philosophie und Lebensweise, die – soweit möglich und praktikabel – alle Formen der Ausbeutung von und Grausamkeit gegenüber Tieren für Lebensmittel, Kleidung oder andere Zwecke ausschließt und damit die Entwicklung und Nutzung tierfreier Alternativen zum Nutzen von Mensch, Tier und Umwelt fördert. In ernährungstechnischer Hinsicht bezeichnet es die Praxis des Verzichts auf alle Produkte, die ganz oder teilweise von Tieren stammen.”
Viele Veganer und Nicht-Veganer interpretieren diese Definition dahingehend, dass die Vermeidung von Tierleid die Grundlage sei. Aber kann das sein? Wie will man dann Entscheidungen begründen? Ich führe Tieren kein Leid zu, weil ich Tieren kein Leid zufügen will. Du bist doof, weil du doof bist. Beide Aussagen haben eins gemeinsam, sie verwenden sich selbst als Grundlage um diese Aussage oder das Ziel zu begründen.
Die Vermeidung von Tierleid kann deshalb nicht die Grundlage sein, sondern das Ziel. Als Grundlage für Entscheidungen muss etwas herangezogen werden, was neutral ist. Neutral ist die Ethik und nur mit Ethik kann man auch gerechte Entscheidungen treffen.
Es ist also nicht das Ziel, unter allen Umständen auf tierische Produkte zu verzichten, sondern die Verwendung tierischer Produkte möglichst einzudämmen und ethisch begründen zu können/müssen. Die Tatsache, dass die meisten Veganer keine oder so wenig wie möglich verwenden, ist also nicht das Ziel der Definition, sondern eine Entscheidung, um dem Ziel näherzukommen, das Leid so gut es geht zu verringern.
Der letzte Satz der Definition macht diese selbst unglaubwürdig. Was will man denn nun wirklich? Den Verzicht so gut es geht oder den kompletten Verzicht? Beides gleichzeitig geht nicht. Wenn also selbst die offizielle Definition sich selbst widerspricht, kann sie dann richtig sein? An der Grundlage ändert es zum Glück nichts, daher kann der letzte Satz eigentlich komplett weggelassen werden.
Wenn ein Veganer auf Fleisch verzichtet, dafür aber lange Transportwege in Kauf nimmt, beeinträchtigt er das Leben aller Tiere und Menschen. Der Veganer sollte also ganz genau abwägen, ob sein Handeln ethisch begründbar bleibt, oder ob er ehrlich zu sich selbst ist und auf eine Alternative zum pflanzlichen Produkt zurückgreift, wenn es ethisch die besser Wahl ist. Alternativ dazu kann er sich als Reduzierer bezeichnen, was ja nicht verwerflich, sondern ehrlich wäre.
Angeregt durch eine kleine Diskussion mit “Vegans for Future” (bitte folgen und unterstützen!) hier noch ein weiteres Beispiel für eine ethische Abwägung:
Wenn ein Veganer eine Avocado auf seinen Teller packt, schränkt er Bedürfnisse von Menschen und Tieren ein. Ist diese Avocado nun ein dringendes Bedürfnis des Veganers oder ist es ein Begehren, weil er Avocados mag, dessen Nährstoffe aber auch aus anderen pflanzlichen Quellen beziehen könnte? Dies sollte er ebenfalls genau abwägen.
Um zu entscheiden, was ich als Veganer darf und was nicht, muss also immer über die Ethik ermittelt werden, was die bessere Lösung ist, auch wenn das am Ende heißt, dass ich auf Nutztiere angewiesen bin.
Das Problem ist nicht die Definition des Veganismus, sondern sein, in die Irre führender Name. Ein möglicher und auf den Grundlagen der Ethik korrekter Name, wäre Tierrechtler.
Wie ein Wörterbuch sich seine eigene Definition erfand
Ab jetzt wird es komisch und macht mich richtig sauer. Während auf der Webseite der Vegan-Society, welche 1960 gegründet wurde, nach wie vor die oben zitierte und seit 1988 offizielle Definition zu lesen ist, hat 1995 die 9. Auflage des Concise Oxford Dictionary sich mal eben eine eigene Definition gebastelt, auf welche auch auf Wikipedia zurückgegriffen wird. Bei dieser Definition wurde die Ethik komplett herausgenommen und es wurde folgender Befehl daraus:
Veganer verzichten auf alle Nahrungsmittel tierischen Ursprungs. Einige meiden darüber hinaus auch andere Tierprodukte (z. B. Leder) und lehnen weitere Formen der Nutzung von Tieren ab (z. B. Tierversuche)
Da durch diesen blinden Gehorsam unnötiges Tierleid entstehen kann, ist dieser Befehl nicht zu befolgen. Im schlimmsten Falle würde diese Definition eine Kuh schützen und alle anderen Menschen und Tiere gefährden, weil durch unnötige Transporte der Klimawandel beschleunigt wird. Nein - Veganismus ist keine Klimabewegung, aber aus ethischer Sicht wäre dieses Handeln eine absolute Katastrophe.
Schlusswort
Während die Vegan Society sich nur einen kleinen Patzer im letzten Teil der Definition leistete, ansonsten aber sich selbst treu bleibt und ethische Beweggründe hat, erfindet ein Wörterbuch eine eigene Definition, die sich wie ein Befehl liest. Ob ihr nun selbst Denken und Entscheiden wollt oder blind einem Befehl folgt, den ein Verlag erfunden hat, sei euch überlassen. Ich für meinen Teil habe mich für das Tierrecht entschieden und handle strikt nach den ethischen Grundsätzen, um möglichst gerecht mit Tieren und Menschen umzugehen. Würde ich dem Befehl eines Verlages folgen, hätte ich Blut an den Händen. Euer Blut und das Blut vieler anderer Mittiere.
Wenn du mehr über die Entstehung des Veganismus und woher der Begriff überhaupt stammt erfahren möchtest, kannst du dir dieses Video anschauen. Hier erklären Veganer anhand von historischen Belegen die Geschichte des Veganismus, wie er entstanden ist, was er ist und niemals sein kann. Hier wird auch sehr deutlich erklärt, wie ein Veganer seine Entscheidungen treffen muss, wenn er sich dem Veganismus zugehörig fühlen möchte.